Vorsicht beim Einsatz von „Freelancern“

„Freelancer“ sind flexibler und kostengünstig. So wird vielfach geworben. Doch stimmt das so?

In vielen Fällen leider nicht. Meist kommt das dicke Ende dann in der Prüfung der Deutschen Rentenversicherung. Es ergehen Bescheide mit Beitragsnachforderungen in Höhen, die gerade für junge Unternehmen häufig durchaus existenzgefährend sein können.

Versprechen von Vermittlern

Dabei klingt es anfnags häufig verlockend. So werben Vermittlungsagenturen unter anderem auf facebook und auf Portalen für Gründer um potentielle Kunden – gerade bei jungen Unternehmen.

Ein Artikel in dem Portal gruenderszene.de vom 27.04.2017  trägt beispielsweise die Überschrift „Warum Unternehmen unbedingt mehr Freelancer einstellen sollten“.

So heisst es dort unter anderem: „In bestimmten personaltechnischen Situationen bietet sich der Einsatz von Freelancern ziemlich gut an – man denke nur an die Überbrückung von Vakanzen, Elternzeitvertretungen, technische Sonderprojekte oder Neustrukturierungen. Solche Fälle treten manchmal recht unerwartet ein und sind für „Normalangestellte“ nicht wirklich geeignet, geschweige denn attraktiv. Freelancer hingegen sind Projekten dieser Art aufgeschlossen – und auf der Stelle einsatzbereit.
(Quelle: http://www.gruenderszene.de/allgemein/freelancer-und-ihre-vorzuege-freelance-partner-2016-8524).

Freelancer

Unter dem Begriff des „Freelancer“ wird eine Person verstanden, die selbst unternehmerisch tätig ist, also kein Arbeitnehmer ist und zum Auftraggeber nicht in einem sozialverischerungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis steht.Häufig werden sie auch als „freie Mitarbeiter“ bezeichnet.

Was unterscheidet nun den Beschäftigten vom Freelancer?

Bei einem Arbeitnehmer trägt der Arbeitgeber bei Kranken-/Pflege-/Renten- und Arbeitslosenversicherung jeweils die Hälfte der Beiträge. Die Unfallversicherung zahlt der Arbeitgeber allein. Dazu kommt die Zahlung der Umlagen (U1,U2, Insolvenzgeldumlage).

All diese kosten fallen bei einem echten Freelancer weg, da dieser nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegt. Das ist für das Unternehmen natürlich wesentlich kostengünstiger.

Doch es ist große Vorsicht geboten! Denn sehr häufig sind diejenigen, die als „Freelancer“ betitelt werden, in Wahrheit abhängig Beschäftigte. Ob jemand als Beschäftigter oder tatsächlich als Freelancer tätig wird, ist jeweils für den einzelnen Auftrag zu bestimmen. Einen universell Selbständigen kennt das deutsche Sozialverischerungsrecht nämlich nicht.

Der oben aufgeführte Auszug aus dem Artikel zeigt sehr deutlich, wie schnell Missverständnisse auftreten. Als Beispiele für den Einsatz von „Freelancern“ werden unter anderem die Elternzeitvertretung und Sonderprojekte genannt.

Und hier wird es gefährlich für das Unternehmen.Es handelt sich sehr häufig um Scheinselbständigkeit!

Beispiel Elternzeitvertretung

Nehmen sie einen Freelancer als Elternzeitvertretung ihres Arbeitnehmers, ist auch der „Freelancer“ in der absoluten Regel ein Arbeitnehmer. Er erfüllt nämlich genau die Pflichten des abwesenden Arbeitnehmers, ist ihren Weisungen unterworfen und in die betrieblichen Abläufe eingegliedert.

Hier wird sehr deutlich, dass der Freelancer hier eben nicht als Unternehmer tätig ist.

Beispiel Sonderprojekte

Es kommt plötzlich ein größerer Auftrag rein, den sie mit dem vorhandenen Personal nicht stemmen können. Der Jurist spricht dabei von nur vorübergehend erhöhtem Arbeitsanfall. Stellen Sie hierfür nun einen „Freelancer“ ein, wird dieser aller Voraussicht nach auch als Beschäftigter anzusehen sein, da er üblicherweise in die Betriebsabläufe eingegliedert wird, ihren Weisungen unterliegt (bei anspruchsvolleren Tätigkeiten aber kein Muss) und meist in einem Team mitarbeitet (auch, wenn er Vorgesetzenfunkton hat, z.B. als Teamleiter).

SV-Prüfung alle 4 Jahre

Die Deutsche Rentenversicherung prüft mindestens alle 4 Jahre jedes Unternehmen hinsichtlich der Erfüllung der Beitragspflichten. In der sogenannten Betriebsprüfung stellen die Prüfer der DRV dann in den oben beschriebenen Fällen fest, dass die Mitarbeiter bei ihrer Tätigkeit nicht als Selbständige, sondern als Beschäftigte zu sehen sind.

Folgen falscher Beurteilung

Zunächst kommen Nachzahlungen auf das Unternehmen zu. Da der Prüfzeitraum vier jahre beträgt, können hier schnell horrende Summen zusammen kommen.  Dazu kommt noch, dass das Unternehmen neben den Umlagen und den Arbeitgeberanteilen zur Sozialversicherung auch die Arbeitnehmeranteile zu tragen hat. Diese können in der Regel nicht mehr vom Mitarbeiter zurückgefordert werden, § 28g S.2 SGB IV. Es kommen also Forderungen in Höhe von über 40% des ausgezahlten Entgeltes als Nachzahlung auf das Unternehmen zu.

Hatte das Unternehmen durch vorherige Feststellungen der DRV schon Kenntnis davon, dass keine Selbständigkeit vorliegt, kommt überdies noch eine strafrechtliche Verteilung nach § 266b StGB wegen des Veruntreuens und Vorenthaltens von Arbeitsentgelten in Betracht. Eine Verurteilung des Unternehmers kann zum Entzug der Gewerbeerlaubnis führen, bei Geschäftsührern droht die Feststellung der Ungeeignetheit mit der Folge, dass für mindestens 5 Jahre keine Geschäftsführertätigkeit ausgeübt werden darf, § 6 Abs.2 GmbHG.

Beratung macht den Unterschied

Die oben dargestellten Fälle sind beispielhaft dafür, welche Probleme ein Unternehmen durch fachgerechte Beratung im Vorfeld vermeiden kann. Verlassen sie sich hierbei nicht auf allein die Einschätzung ihres Steuerberaters. Die Prüfung der sozialversicherungsrechtlichen Statuseinordnung ist eine Aufgabe für spezialisierte Rechtsanwälte, da die Beurteilung keine steuerrechtliche Frage ist und die entscheidenden Faktoren neben dem SV-Recht selbst häufig auch im Arbeits- und Gesellschaftsrecht zu finden sind.

Die Lohn24 Rechtsanwaltsgesellschaft ist genau in diesen Bereichen ausschließlich tätig. Ihre Berufsträger verfügen über ein höhes Maß an Erfahrung in diesen Fragen und helfen Ihnen gern weiter!

 

 

Hinweis: Der Inhalt des Artikels ersetzt in keinem Fall die rechtliche Beratung im Einzelfall. Er soll dazu dienen, einen Überblick über das Thema zu bekommen und Problembewußtsein zu vermitteln.