Verspätete Lohnzahlung – Schadensersatzrisiko für Arbeitgeber

„Der vereinbarte Lohn ist am Monatsletzten zur Zahlung fällig.“
„Der vereinbarte Lohn ist am Dritten des Folgemonats zur Zahlung fällig.“
„Das Arbeitsentgelt wird dem Arbeitnehmer auf das von ihm angegebenen Konto überwiesen.“

So oder ähnlich steht es in vielen Arbeitsverträgen. Doch was passiert, wenn der Lohn verspätet auf dem Konto des Arbeitnehmers eingeht?

 

Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung von 40,- EUR

In § 288 Abs. 5 BGB heisst es:

„Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro.“

Kommt also der Arbeitgeber mit der Zahlung des Lohnes in Verzug, steht dem Arbeitnehmer automatisch ein Schadensersatzanspruch von 40,- EUR zu.

Voraussetzung: Verzug des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber muss sich mit der Zahlung im Verzug befinden.

1. Verzug durch Mahnung

Verzug nach § 286 Abs.1 BGB tritt ein, wenn der Schuldner einer fälligen Leistung trotz Mahnung nicht leistet.

2. Verzug ohne Mahnung

Die Mahnung ist nach § 286 Abs.2 Nr.1 BGB aber entbehrlich, wenn für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist.

Eine Vereinbarung der Leistungszeit findet sich entweder im Arbeitsvertrag oder in einem anwendbaren Tarifvertrag.

Bsp.1 : „Der vereinbarte Lohn ist am Monatsletzten zur Zahlung fällig.“

Bsp.2 : „Der vereinbarte Lohn ist am Dritten des Folgemonats zur Zahlung fällig.“

Bsp.3 : „Das Arbeitsentgelt wird dem Arbeitnehmer auf das von ihm angegebenen Konto überwiesen.“

In den Beispielen wurde als Leistungzeit der Monatsletzte (Bsp.1) bzw. der Dritte des Folgemonats (Bsp.2) vereinbart. Somit befände sich der Arbeitgeber ab dem Ersten des Folgemonats (Bsp.1) bzw. ab dem Vierten (bsp.2) des Folgemonats mit der Zahlung in Verzug.

Doch auch im Beispiel 3 ist aufgrund § 614 BGB ein Leistungszeitpunkt festgelegt. In dieser Norm heisst es nämlich, dass die Vergütung, wird sie nach nach Zeitabschnitten bemessen (z.B. Monat), nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten ist.

Für Januar ist somit der Lohn am 01.02. zu zahlen. Verzug tritt am Folgetag, also am 02.02. ein.

 

Welche Zeitpunkt entscheidet bei Überweisung?

Nun ist noch zu klären, auf welchen Zeitpunkt es bei der Zahlung per Überweisung ankommt. Denkbar ist sowohl der Zeitpunkt der Überweisung selbst als auch der der Wertstellung auf dem Konto des Arbeitnehmers.

Bisherige Rechtslage:

Bis 2008 war klar, dass es sich bei der Geldschuld um eine sogenannte Schickschuld handelte. Der Schuldner (Arbeitgeber) hatte die erforderliche Leistungshandlung, nämlich „Überweisung des Geldes“, dann vorgenommen, wenn er seine Bank mit der Überweisung beauftragt hatte.  Dann hatte er alles erforderliche getan und ein Verzug konnte nicht mehr eintreten bzw. wurde beendet. Es kam also nicht darauf an, dass das Geld auch auf dem Konto des Arbeitnehmers wertgestellt war.

Rechtslage seit 2008:

Im Jahr  2008 entschied der EuGH in seinem Urteil C-306/06 01051 („Telecom GmbH/Deutsche Telekom AG“) aufgrund der Zahlungsverzugsrichtlinie 2000/35/EG, dass eine Überweisung nur dann rechtzeitig ist, wenn das Geld auch bis zum festgelegten Zeitpunkt auf dem Konto des Gläubigers eingegangen (wertgestellt) wurde. Zwar bezog sich diese Richtlinie nicht auf das Verhältnis  Unternehmer – Verbraucher. Es gibt aber zahlreiche ernstzunehmende Stimmen, die im Interesse einer einheitlichen Regelung des zahlungsverzuges die Auffassung vertreten, dass dies auch im Verhältnis Unternehmer – Verbraucher (also Arbeitgeber – Arbeitnehmer) zu gelten hat.

Somit spricht durchaus einiges dafür anzunehmen, dass es inzwischen auf den Zeitpunkt der Wertstellung ankommt.

Praxistipp

Nach § 675s Abs.1 BGB muss die Bank den Überweisungsauftrag so ausführen, dass eine Überweisung am auf den Zugangszeitpunkt des Zahlungsauftrags folgenden Geschäftstags beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers eingeht.

Das bedeutet, dass eine Überweisung am folgenden Geschäftstag auf dem Konto des Empfängers wertgestellt werden muss. Das gilt auch, wenn die Überweisung zwischen Konten unterschiedlicher Banken stattfindet.

Die Überweisung des Arbeitgebers muss der Bank folglich nur am vorletzten Geschäftstag (Bankarbeitstag) zugehen. Dann ist sichergestellt, dass das Geld am nächsten Geschäftstag auf dem Konto des Arbeitnehmers wertgestellt ist.